Nachbericht des Infoabends, 7. November 2016, zum Thema Unterschiede und Gemeinsamkeiten von Polizei und Bundesheer bei Einsätzen.
Major Mag. Rudolf Haas, stellvertretender Kommandant des Stadtpolizeikommandos Floridsdorf geht zu Beginn seines Vortrags auf die Personalstärke der Exekutive in Wien ein. Die Landespolizeidirektion Wien umfasst ca. 6.000 Polizeibeamte, davon befinden sich ständig zwischen 1.200 und 1.600 im Tagdienst sowie 600 im Nachtdienst.
Fixe vs. flexible Struktur
Anschließend erklärt Haas die strukturellen Unterschiede zwischen Polizei- und Bundesheereinheiten sowie die daraus resultierende Einsatzabläufe. “Größter Unterschied von Polizeieinheiten zum Bundesheer ist die Durchhaltefähigkeit im Einsatz”, skizziert Haas. Während Einheiten des Bundesheeres theoretisch bis zu mehreren Monaten im Einsatz verbleiben können, sind geschlossene Einheiten der Polizei, wie etwa WEGA oder Bereitschaftseinheiten, maximal 30 Stunden einsetzbar. Grund ist die fehlende Versorgung (z.B. Verpflegung) in solchen Einheiten. In der Regel, so Haas, werden Kompanien der Polizei alle 24 Stunden abgelöst.
Weiterer wesentlicher Unterschied zum Bundesheer ist bei der Polizei der flexible Aufbau von Einheiten. Abgesehen von den geschlossenen Einheiten werden für große Einsätze maßgeschneiderte Einheiten je nach Bedarf aufgestellt. Man spricht von einer “BAO – Besondere Aufbau Organisation”. “Je nach Einsatz wird eine Organisation neu aufgebaut”, erklärt Haas. Beginnend mit Gruppen können Elemente während eines Einsatzes dynamisch bis zu Bataillonsstärke heranwachsen.
Am Beispiel des Einsatzes anlässlich des “Akademikerballs” in Wien bedeutet diese BAO: Es werden Organisationselemente pro Einsatzabschnitt aufgestellt, etwa für Demonstrationen und zur Überwachung des Platzverbots rund um die Hofburg. “Der Grundsatz ‘Einheit der Führung’ ist bei solchen Strukturen in der Praxis oft schwierig einzuhalten, denn Kräfte aus verschiedenen Einsatzabschnitten können sich im Laufe des Einsatzes vermischen”, berichtet Haas aus eigener Erfahrung.
Landesverteidigung vs. Assistenzeinsatz
Einsatz | Militärische Landesverteidigung | Sicherheitspolizeilicher Assistenzeinsatz |
Zweck | Abwehr von militärischen Angriffen | Abwehr von sicherheitspolizeilichen Gefahren |
Rechtliche Grundlage | § 2 Abs. 1 Z. a Wehrgesetz | § 2 Abs. 1 Z. b Wehrgesetz |
Führung | Unter militärischem Kommando | Unter der Leitung von Sicherheitsbehörden |
Befugnisse | Befugnisse nach dem MBG
Waffengebrauch gem. MBG |
Befugnisse nach dem SPG
(MBG nur zum mil. Eigenschutz) Waffengebrauch gem. WaffGG |
Schutz vor | Bedrohung durch in der Regel Kombattanten (im Auslandseinsatz bei Fehlen polizeilicher Strukturen) | Terroristischen Bedrohungen, Kriminalität, Aktivismus,.. |
Einsatz | Kriegszustand, Gegner sind Soldaten (Kombattanten), mit allen Waffen möglich (z.B. Artillerie) | Im Frieden, Gegner sind Terroristen, Kriminelle,..; Ziel: vor Gericht stellen, keine Gefährdung Unbeteiligter |
-> Durch den sicherheitspolizeilichen Assistenzeinsatz ist das Bundesheer die einzige Organisation, die mehrere Befugnisse übernehmen kann (kann etwa zur Katastrophenhilfe von einem Landeshauptmann angefordert werden.
Haas lässt die offene Frage stehen, ob die aktuelle Bewaffnung der Polizei für die Abwehr von Terrorgefahren reicht.
Zur Person
Major Mag. Rudolf Haas ist stellvertretender Stadtpolizeikommando Floridsdorf und Kompaniekommandant bei der Einsatzeinheit Wien. Haas hat außerdem – als einer von wenigen Polizisten – die Milizoffiziersausbildung absolviert und fungiert in seiner Zweitfunktion als Verbindungsoffizier der Polizei zum Bundesheer. Er war bereits mehrmals bei Übungen des Bundesheeres zum Thema sicherheitspolizeilicher Assistenzeinsatz tätig.